Wahlarena

Aferdita Suka (Bild: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin)

Wahlarena „Pflege in der Wahl – Wiederholung oder Verbesserung?“
Antworten von Aferdita Suka, MdA Bündnis 90 Die Grünen Berlin, Sprecherin für öffentliche Gesundheitsförderung und für Pflegepolitik

1.  Ein erhebliches Potential an ausgestiegenen Pflegekräften kann sich unter bestimmten Bedingungen einen Wiedereinstieg zurück in ihren Beruf bzw. eine Aufstockung ihres Arbeitspensums vorstellen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die „Stille Reserve“ wieder zurück in den Pflegeberuf gewinnen?

Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, braucht es systemische Veränderung im Gesundheitswesen. Vieles davon muss auf Bundesebene erfolgen. Dennoch müssen wir auch hier in Berlin alles dafür tun die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Zuallererst kommen wir unserer Verantwortung als Land nach und werden mehr der Investitionskosten der Krankenhäuser übernehmen. So wollen wir verhindern, dass am Personal gespart wird.

Wir möchten Pflegende entlasten, indem wir uns für Personalschlüssel statt Untergrenzen einsetzen. Mit dem Tarifvertrag Entlastung haben wir dafür bereits einen wichtigen Schritt gemacht. Außerdem ist unser Ziel die Einführung einer 35h Woche bei vollem Lohnausgleich, um Altersarmut vorzubeugen, welche durch viel Teilzeitarbeit in der Pflege besteht.

Um die tagtägliche Arbeit der Pflegefachpersonen einfacher zu gestalten, setzen wir uns außerdem für mehr Digitalisierung im Gesundheitssektor ein.

Als eine wichtige Arbeitsbedingung sehen wir auch, dass ein Beruf Perspektiven bietet. Wir möchten das Potenzial des Pflegeberufs in der Zukunft mehr nutzen und ihn an mehr Stellen in der Öffentlichen Gesundheitsversorgung einsetzen. Wir planen Projekte zu Schulgesundheitsfachkräften, prüfen die Schaffung eines Mastersstudiengangs „Community Health Nursing“ und wollen allgemein mehr Studien- und Weiterbildungsangebote schaffen.  

2.  Wie wollen Sie für mehr Ausbildung in der Pflege sorgen?  

Auszubildende sind die Zukunft der Pflege. Deshalb müssen wir sie fördern und schützen. Denn Auszubildende*r zu sein, darf nicht bedeuten, in Praxiseinsätzen als billige Arbeitskraft verfeuert zu werden. Deshalb möchten wir gute Praxisanleitung fördern. Dafür braucht es mehr Anreize, überhaupt Praxisanleiter*in zu werden und Freistellung für diese wichtige Aufgabe.

Wir möchten, dass Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen die Pflegeausbildung absolvieren können. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Ausbildung sowohl in Teilzeit als auch berufsbegleitend absolviert werden kann.

Damit im Rahmen der generalistischen Pflegeausbildung die Vertiefung zur Kinderkrankenpflege gestärkt wird, wollen wir einen Runden Tisch mit potenziellen Trägern der Ausbildung einrichten.

3.  Mehr als die Hälfte der angebotenen Studienplätze für die primärqualifizierenden Pflegestudiengänge blieben zuletzt unbesetzt (56 %). Was wollen Sie für mehr Akademisierung in der Pflege und adäquate Rahmenbedingungen für Pflegestudierende tun?

Das grundständige Pflegestudium ist für die Pflege unabdingbar. Als Profession ist die Schaffung einer evidenzbasierten Wissensgrundlage durch Forschung essentiell. Deshalb werden wir Pflegestudierende fördern, indem wir sie in ihrer Praxisphase finanziell unterstützen. Das haben wir bereits beschlossen. Nun ist die Senatsverwaltung dabei einen Plan für die Umsetzung zu schaffen. Außerdem haben wir mit einer Bundesratsinitiative klar gemacht, dass die Angleichung der Bezahlung von Pflegestudierenden auf eine vergleichbare Bezahlung wie von Auszubildenden, auf Bundesebene beschlossen werden muss.

4.  Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um Zeitarbeit in der Pflege nachhaltig einzudämmen?

Zeitarbeit in der Pflege ist ein komplexes Thema. Es kann für Pflegende, die lange unter prekären Arbeitsbedingungen gelitten haben, empowernd sein, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Entscheidungsmöglichkeiten über ihre Arbeitszeitgestaltung zu haben. Trotzdem darf die Zeitarbeit nicht die Qualität der Versorgung verschlechtern und der Einsatz darf kein Normalzustand werden. Denn Patient*innen und Bewohner*innen verdienen eine Pflege auf der Basis von Beziehungsgestaltung und somit Kontinuität und Pflegende, die ausreichend und passend qualifiziert sind für ihren Arbeitsbereich.

Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Schaffung von Personalpools refinanziert wird und die Mehraufwendung für die Strukturen und Verwaltung in die Kostensätze aufgenommen werden, sodass weniger Zeitarbeit genutzt werden muss. Außerdem wollen wir Leiharbeitsfirmen verpflichten bei Ausfall des zugesagten Personals die Unternehmen finanziell zu entschädigen oder für Ersatz zu sorgen. Auch bei Verspätung soll eine Entschädigung erfolgen. Des Weiteren soll entleihenden Unternehmen ein Zurückweisungsrecht zustehen, wenn Leiharbeitende fehlende Qualifikationen aufweisen.  

5.  Wie möchten Sie das Problem der Wartezeiten im bürokratischen Verfahren der Berufsanerkennung internationaler Pflegekräfte lösen und Anerkennungsverfahren in Berlin beschleunigen?

Pflegende aus anderen Ländern, die in Deutschland ihrem Beruf nachgehen wollen, müssen unterstützt werden. Damit internationale Pflegende so schnell wie möglich auch gemäß ihrer Qualifikation arbeiten können und bezahlt werden, setzen wir uns dafür ein, dass im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb  oder  außerhalb  der  EU  erworben,  leichter  anerkannt  werden.