Wahlarena

Christian Zander

Wahlarena „Pflege in der Wahl – Wiederholung oder Verbesserung?“
Antworten von Christian Zander, MdA CDU-Fraktion Berlin, Gesundheitspolitischer Sprecher

1.  Ein erhebliches Potential an ausgestiegenen Pflegekräften kann sich unter bestimmten Bedingungen einen Wiedereinstieg zurück in ihren Beruf bzw. eine Aufstockung ihres Arbeitspensums vorstellen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die „Stille Reserve“ wieder zurück in den Pflegeberuf gewinnen?

Woran es fehlt, sind gute Arbeitsbedingungen. Es muss mehr Verlässlichkeit bei den Dienstplänen geben und insgesamt die physische und psychische Belastung reduziert werden. Mit den folgenden Maßnahmen können diese Ziele erreicht werden:

  • Digitalisierung und Entbürokratisierung, damit die Beschäftigten weniger Zeit mit „Verwaltungsaufgaben“ verbringen, sondern mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten haben.
  • Entlastungstarifvertrag richtig anwenden, damit er auch entlastend wirkt sowie PPR 2.0, damit bei allen Krankenhausträgern einheitliche Personalbemessungsregeln gelten.
  • Investitions- und Modernisierungsstau abbauen: Wir brauchen ein zeitgemäßes Arbeitsumfeld, das arbeitnehmerfreundlich ist (und damit zugleich patientenfreundlich). Dazu gehören moderne Geräte, zeitgemäße bauliche Standards, die auch die Einhaltung der Hitzeschutzpläne ermöglichen.
  • Aufgrund des hohen Konfliktpotentials gibt es teilweise Sicherheitspersonal insbesondere an Rettungsstellen, welches jedoch von den Kliniken selbst finanziert wird. Wir wollen die Kliniken, die Bedarf haben, finanziell entlasten, damit die Beschäftigten weniger Übergriffen ausgesetzt sind.
  • Wir begrüßen die Werbekampagne „PflegeJetztBerlin“ der BKG, um Pflegekräfte zurückzugewinnen. Mehr Personal bringt mehr Entlastung, führt zu besseren Arbeitsbedingungen, so dass weiter intensiv geworben werden muss.

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2.  Wie wollen Sie für mehr Ausbildung in der Pflege sorgen?  

Mit der Entscheidung für den Pflegecampus auf dem Gelände des Wenckebach-Krankenhauses ist die Voraussetzung gegeben, die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Auch andere Pflegeschulen ziehen beim Ausbau der Plätze mit. Hierfür muss aber auch für eine ausreichende Anzahl qualifizierter Lehrender gesorgt werden. Die Idee, auf dem Pflegecampus in Tempelhof zugleich günstigere Wohnmöglichkeiten für die Auszubildenen zu schaffen, ist begrüßenswert, da die steigenden Mietkosten auch ein Hemmschuh dafür sein könnten, sich für die Pflegeausbildung zu entscheiden, wenn das Gehalt relativ niedrig ist.

Zuletzt sind die Zahlen derjenigen, die eine Ausbildung beginnen, in Deutschland zum Glück auch dank erweiterter Ausbildungsplatzkapazitäten gestiegen. Wichtig ist, die Abbrecherquote möglichst gering zu halten, denn entscheidend ist nicht die Zahle derjenigen, die eine Ausbildung beginnen, sondern die derjenigen, die sie erfolgreich zum Abschluss bringen und dann auch im Beruf verbleiben. Deshalb gehören auch die unter der ersten Frage genannten Punkte dazu. Wer während der Ausbildung schlechte Arbeitsbedingungen vorfindet, schaut sich eher nach anderen Perspektiven um.

3.  Mehr als die Hälfte der angebotenen Studienplätze für die primärqualifizierenden Pflegestudiengänge blieben zuletzt unbesetzt (56 %). Was wollen Sie für mehr Akademisierung in der Pflege und adäquate Rahmenbedingungen für Pflegestudierende tun?

Eines der größten Probleme ist die mangelnde Attraktivität des Studiums im Vergleich zur Ausbildung, da trotz enormer Arbeitszeiten in der Praxis die Studierenden keine Vergütung erhalten. Daher setzen wir uns für eine Vergütung ein und unterstützen einen entsprechenden Antrag in der aktuellen Beratung im Abgeordnetenhaus.

Weiterhin muss es eine klare Perspektive bezüglich des Einsatzfeldes geben. Trotz hoher Qualifikation auch ausgebildeter Pflegekräfte bleiben sie in Deutschland in ihrem Verantwortungsbereich eingeschränkter als in sehr vielen Nachbarländern. Ziel muss es sein, studierte Pflegekräfte auch in der Praxis zu halten. Eine Weiterentwicklung des Berufsbildes mit einer Überarbeitung des Rollenverständnisses von Ärzteschaft und Pflegekräften müsste erfolgen. Hierfür ist die Schaffung einer Pflegeberufekammer ideal, um dies auf den Weg zu bringen, da ihr Augenmerk auf der Qualitätssicherung, Aus- und Weiterbildung sowie der Fortentwicklung der politischen Mitwirkung liegt. Die CDU-Fraktion hat im Dezember einen entsprechenden Antrag zur Errichtung einer Pflegeberufekammer in das Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht, damit die Pflege auch eine stärkere Stimme erhält.

4.  Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um Zeitarbeit in der Pflege nachhaltig einzudämmen?

Die Zeitarbeit hat auch im Pflegeberuf durchaus seine Daseinsberechtigung, weshalb wir uns gegen ein grundsätzliches Verbot aussprechen. Doch gibt es zwei Hauptprobleme in der derzeitigen Situation. Ein zu hoher Anteil im Verhältnis zu den Stammkräften, der nach Studienerkenntnissen zu einer qualitativ schlechteren Patientenversorgung führt, sowie eine Ungleichbehandlung von Zeitarbeitenden und Stammpersonal mit arbeitnehmerfreundlicheren Bedingungen in der Zeitarbeit, was Störungen in der Arbeitsatmosphäre verursacht.

Es sollte daher eine Verständigung erfolgen, welche Obergrenze – möglicherweise unterschiedlich nach Einsatzgebiet – für den Einsatz von Zeitarbeitenden festgelegt werden soll. Entweder setzt man hier gesetzliche eine Obergrenze fest oder schafft über Refinanzierungsmechanismen Anreize, die Zeitarbeit auf einen geringeren Umfang einzudämmen.  

5.  Wie möchten Sie das Problem der Wartezeiten im bürokratischen Verfahren der Berufsanerkennung internationaler Pflegekräfte lösen und Anerkennungsverfahren in Berlin beschleunigen?

Es ist unverständlich, weshalb man die Anerkennungsverfahren nicht schon längst deutlich beschleunigt hat, da wir schließlich ein großes Interesse daran haben, Pflegekräfte zu gewinnen. Denkbar wäre ein zweistufiges Verfahren. Wenn die Sprachkompetenz ausreicht und der Nachweis der fachlichen Qualifikation plausibel erbracht worden ist, könnte eine Berufsausübung (in Teilen) bereits vorbehaltlich der abschließenden Prüfung ermöglicht werden, ohne die Patientensicherheit zu gefährden.

Zudem sollten auf dem Tisch liegende Vorschläge verschiedener Akteure schnell geklärt werden, wie durch effizientere Verfahren oder den Einsatz weiterer Personalressourcen eine Beschleunigung erreicht werden kann.