Alternativen zur Zeitarbeit

Lösungsansätze BKG

--> Musterrahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung:

Die BKG erarbeitete einen Musterrahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung (AÜV), in welchen die Vorschläge des Kampagnenbeirats als beratende Praxisvertreter eingearbeitet wurden. Das Vertragswerk wurde juristisch geprüft und im März 2023 vom Vorstand der BKG beschlossen sowie der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser soll als  „Fairness-Vertrag“ in beide Richtungen folgende Ziele verfolgen:

·        Equal-Pay-Prinzipien und Vergütung in Höhe der Tarif-Löhne der entleihenden Einrichtung und Begrenzung der Overhead-Kosten für Zeitarbeitsfirmen auf das 1,5-

        fache dieses Stundensatzes

·        Verbindlichkeit der Einsätze und Vertragsstrafe

·        Gleiche Stornofristen für beide Parteien

·        Gewährleistung von Qualität

·        Qualifizierung und Zusicherung von Weiterbildungsmaßnahmen und Pflichtfortbildungen durch die Zeitarbeitsfirmen

·        Nachweispflichten für Zeitarbeitsfirmen

·        Abwerbeverbot

Mit dem BKG Muster Arbeitnehmerüberlassungsvertrag für Honorar- und Zeitarbeitskräfte des Nicht-ärztlichen Dienstes wird den Einrichtungen ein wichtiges Werkzeug an die Hand gegeben, bei dessen Verwendung sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit Zeitarbeitsfirmen besser Ihre Belange durchsetzen können. Allen entleihenden Einrichtungen wird dringend empfohlen, den Vertrag als Ganzes oder partiell zu nutzen.

--> Bericht Leiharbeitsgipfel der Ruhrgebietskonferenz

Am 28.03.2023 nahm #PflegeJetztBerlin am digitalen Leiharbeitsgipfel der Ruhgebietskonferenz Pflege teil. Über 120 Vertreter aus der Langzeitpflege, den Spitzenverbänden, der Landespolitik und den Kommunen aus NRW nahmen am digitalen Leiharbeitsgipfel der Ruhrgebietskonferenz-Pflege teil. Auf der Veranstaltung wurden Zahlen, Daten und Hintergründe zum Thema „Zeitarbeit in der Pflege“ zusammengetragen sowie die bereits spürbaren Folgen und die sich abzeichnenden Konsequenzen des aktuellen Leiharbeitsbooms ausgeleuchtet. Es wurden konkrete Vorschläge zur Regulierung und Zusammenarbeit gesammelt und mit den anwesenden Politikern über die dringend erforderlichen Reformen des Pflegesystems diskutiert. Für Träger von Gesundheitseinrichtungen zeigt sich, dass sie aktuell nur die Wahl zwischen Pest und Cholera haben, entweder die Mehrkosten für die Zeitarbeit in Kauf zunehmen oder Pflegeangebote zu rationieren. Beide Wege führen perspektivisch in einen Pflege-Blackout. Bereits jetzt kann eine Rationierung von Leistungen in der ambulanten und stationären Pflege belegt werden, während die Nachfrage nach Pflegeleistungen steigt. Durch die Ablehnung ambulanter Versorgung entsteht ein Sog in die Pflegeheime, die aber selbst gerade die Kapazitäten zurückfahren. Das Thema Leiharbeit in der Pflege ist lediglich ein Symptom einer tiefgreifenden Krise des Gesamtsystems Langzeitpflege, wofür es einen Umgang braucht. Auch teilnehmende Geschäftsführer von Zeitarbeitsunternehmen halten die aktuelle Entwicklung für gefährlich und die aktuelle Lohn- und Preisspirale für absurd und plädieren für einen Tarifvertrag zur Leiharbeit in der Pflege. In einem solchen Tarifvertrag sollten Preis- und Lohnobergrenzen festgelegt, aber auch Mindestanforderungen an Qualifikationsniveaus definiert und die Beteiligung an der Ausbildung von Pflegefachkräften festgeschrieben werden. An dieser Stelle konnte ebenfalls der Mustervertrag der BKG vorgestellt werden, welcher großen Anklang gefunden hat. Insgesamt geht die Tendenz in Richtung „Kooperation statt Konfrontation“, d. h. eine Ko-Existenz von Zeitarbeit neben der Pflege zu gestalten. Einige Träger und Einrichtungen setzen darauf die Vorteile der Zeitarbeitsfirmen nachzuahmen (Wunschdienstpläne, Lohntransparenz, etc.).

Zur Pressemitteilung

Konzepte aus den Einrichtungen als Alternative zur Zeitarbeit

--> Pflegeflexpool

Als eine wichtige Stellschraube zur Begegnung des Fachkräftemangels und nicht zuletzt, um sich von Zeitarbeitskräften unabhängig zu machen, gilt das Zurückgewinnen der „Stillen Reserve“. Die bundesweite Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ ergab ein Potential von mind. 300.000 zusätzlichen Vollzeit-Pflegenden, die sich unter verbesserten Arbeitsbedingungen eine Rückkehr in den Pflegeberuf und eine Aufstockung der Arbeitszeit vorstellen können. Dabei spielt die selbstgewählte Arbeitszeit eine Schlüsselrolle, denn es gelingt zunehmend schlecht, für das konventionelle Arbeitszeitsystem mit Schichten Pflegefachpersonen zu finden. Eine Lösung, die darunter fällt, sind sog. Flexpools. Die Idee wurde in den Niederlanden entwickelt und diente ursprünglich der Effizienzsteigerung. Bei Flexpools handelt es sich um einen Springerpool, der zusätzlich zur Stammbelegschaft auf den Stationen aufgebaut wird. Im Vergleich zum Springerpool, müssen die Flexpool-Mitarbeiter zwar auch bereit sein, auf vielen verschiedenen Stationen zu arbeiten, jedoch können sie ihre Dienste und Arbeitszeiten frei wählen. So sind auch Teilzeitdienste, z. B. Beginn ab 8 Uhr etc. möglich. In den bekannten Beispielen und befragten Krankenhäusern führte dies innerhalb kurzer Zeit zu einem überraschenden Effekt im Personalaufbau und zu einer fast kompletten Ablösung von Zeitarbeit.

Insbesondere für Mütter sind die Flexpools attraktiv, weil sie ihre Arbeitszeiten an die Kinderbetreuungszeiten anpassen können. Der Köder ist die selbstgewählte Arbeitszeit. Da jeder einzelne Beschäftigte in ihren Arbeitszeiten festgelegt ist, müssen ausreichend viele Menschen im Pool arbeiten, damit das System an sich flexibel bleibt. Die Einarbeitung erfolgt für sechs Monate auf fünf verschiedenen Stationen, um Abläufe kennenzulernen und Stammpersonal wirksam zu entlasten. Laut Pflegewissenschaftlern seien Pools dieser Art sicher und vertretbar, wenn Mitarbeiter in den Pools gut eingearbeitet sind und wenn sie keine Tätigkeiten übernehmen müssen, für die ihnen die Kompetenzen fehlen. Hochwertige Untersuchungen zu Auswirkungen auf die Patientensicherheit fehlen zwar noch, Studien zeigen aber, dass Unterbesetzungen, Überstunden und Zeitarbeit zu schlechterer Patientenversorgung führen. #PflegeJetztBerlin möchte die Landingpage „Wiedereinstieg“ überarbeiten und neu aufleben lassen und das Flexpool-Konzept aktiv bewerben.

Das St. Marien Krankenhaus hat das Pflegeflexpool-Konzept bereits seit 2019 etabliert. Weiterlesen

Verfasserin: Juliane Ghadjar

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