Gastbeitrag von Peer Köpf zu PPR 2.0: Pflegepersonalbedarfsbemessung aus Sicht der DKG
Peer Köpf, Stv.Geschäftsführer Dezernat I , DKG e.V.

Pflegepersonalbedarfsbemessung im Krankenhaus stellt aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) eine Perspektive für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegenden dar. Gemäß dem Auftrag aus der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) hat sie mit den Partnern Deutscher Pflegerat (DPR) und Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) eine Interimslösung - die PPR 2.0 - entwickelt und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fristgerecht übergeben. Auf Basis dieser lässt sich auch eine langfristige Lösung erarbeiten.

 

Mehr qualifiziertes Pflegepersonal und die damit einhergehende Entlastung des Stammpersonals sind neben einer höheren Attraktivität der Berufsbilder in der Pflege grundlegende und zusammenhängende Ziele, um die Situation in der Pflege im Krankenhaus nachhaltig zu verbessern. Doch dazu gilt es zunächst festzustellen, wie hoch der tatsächliche Bedarf vor Ort ist. Dafür bietet sich die Pflegepersonalbedarfsbemessung an.

Gemeinsam mit dem Deutschen Pflegerat (DPR) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gemäß ihrem Auftrag aus der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) Anfang 2020 dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die PPR 2.0 als Interimsinstrument für die Pflegepersonalbedarfsbemessung im Krankenhaus fristgerecht vorgelegt. Ihre zeitnahe Einführung wird von den Partnern nach wie vor als sinnvolle und kurzfristig umsetzbare Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegenden in den Krankenhäusern angesehen und mit Nachdruck gefordert. Die PPR 2.0 lässt sich darüber hinaus als eingrundlegendes Konzept nutzen, auf welches die langfristige Lösung für die Pflegepersonalbedarfsbemessung aufbauen kann.

 

Zeitnahe gesetzliche Einführung der PPR 2.0

Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) im Jahr 2021 eine gesetzliche Grundlage mit dem neuen § 137k SGB V für die Einführung eines wissenschaftlich fundiertes Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments im Krankenhaus geschaffen. Bis zum 31.12.2024 soll ein entsprechendes Instrument entwickelt und erprobt werden. DKG und GKV-Spitzenverband haben bis zum 30.06.2022 eine geeignete wissenschaftliche Einrichtung zu beauftragen.

 

Die neue Bundesregierung hat jedoch erkannt, dass das Instrument nach § 137k SGB V frühestens ab dem Jahr 2025 zur Verfügung steht. Eine verbindliche, flächendeckende Einführung dürfte sogar noch wesentlich später zu erwarten sein. Dies zeigen die Erfahrungen mit dem Pflegepersonalbemessungsinstrument in der stationären Langzeitpflege im SGB XI-Bereich: Im Koalitionsvertrag der „Ampelregierung“ wurde daher die kurzfristige Einführung der PPR 2.0 festgelegt. Damit kommt die neue Regierung der zentralen Forderung der DKG nach. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Erfahrungen aus der Einführung der PPR 2.0 auch bei der Entwicklung des neuen Instruments nach § 137k SGB V berücksichtigt werden. Notwendigerweise muss daher das neue Instrument auf der PPR 2.0 aufsetzen.

 

Stufenweise Umsetzung der PPR 2.0

Aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation für Pflegepersonal wird der von der PPR 2.0 gemessene Pflegepersonalbedarf nicht von Beginn an zu 100% gedeckt werden können. Es bedarf daher einer stufenweisen Einführung der PPR 2.0. Es sind verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um dieses Ziel zu erreichen. Dazu kann krankenhausindividuell ein Korridor definiert werden, innerhalb dessen sich der Umsetzungsgrad der PPR 2.0 befinden muss. Dieser Korridor muss sich in jährlichen Schritten auf die 100% zubewegen.

 

Rote Linie basierend auf der PPR 2.0

Mit der verbindlichen Einführung der PPR 2.0 werden aus Sicht der DKG die Pflegepersonaluntergrenzen in der jetzigen Form obsolet. Die derzeit etablierten Untergrenzen nach der PpUGV sind ein auf nicht pflegewissenschaftlichen Annahmen beruhendes „bürokratisches Monster“. Diese PpUG können vielmehr durch eine „rote Linie“ in der Umsetzung der PPR 2.0 ersetzt werden. Diese stellt eine Pflegepersonalausstattung dar, der der tatsächliche Pflegepersonalbedarf der Patienten zugrunde liegt und die bei der Pflegepersonalbesetzung nicht unterschritten werden darf. Dies bietet eine bedarfsgerechtere Adjustierung der Pflegepersonalausstattung zur Gewährleistung der Patientensicherheit als die bisher PpUGV und reduziert gleichzeitig die Dokumentationslast.

 

Einfache digitale Anwendung

Die Dokumentation der PPR 2.0 erfolgt anhand von Aufgreifkriterien, die sich der Pflegedokumentation entnehmen lassen. Diese sind standardisiert und können IT-technisch aus der elektronischen Pflegedokumentation ausgeleitet werden. In diesem Fall gibt es keinen zusätzlichen Dokumentationsaufwand für die Pflege. Die Möglichkeit, die PPR 2.0 automatisch aus der Pflegedokumentation auszuleiten, wurde von etlichen Software-Herstellern bestätigt.

 

Die bisherige PPR (Pflege-Personalregelung) wird zudem bereits jetzt von der überwiegenden Mehrzahl der Kalkulationskrankenhäuser genutzt. Es bieten mindestens fünf der sieben Top-KIS Anbieter derzeit bereits eine digitale Lösung für die PPR an. Ebenso ist bereits heute ein Mapping von LEP (Leistungserfassung in der Pflege) auf PPR realisiert. Diese Erfahrung kann bei der Einführung der PPR 2.0 – die letztlich auf der Systematik der PPR basiert und damit kompatibel ist - genutzt werden.

 

Perspektive für die Pflege

Ziel dieses Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments ist es, attraktive und verlässliche Rahmenbedingungen für die Pflege zu schaffen, eine nachhaltige Ausstattung mit Pflegepersonal zu erzielen und somit eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie bedarfsgerechte Pflege der vollstationär oder teilstationär zu behandelnden Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen. Diese wird den Ansprüchen einer „guten Pflege“, Patientensicherheit sowie einer hohen Qualität gerecht.

 

Der Erfolg der Einführung der PPR 2.0 und eines davon abgeleiteten langfristigen Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments hängt maßgeblich von den Rahmenbedingungen seiner Anwendung (z. B. verbindliche Umsetzungsgrade) und flankierenden Maßnahmen (z. B. KAP) ab. Nun müssen die Weichen gestellt werden, um die Pflege auf diesen Weg hin zu mehr qualifiziertem Pflegepersonal, Entlastung des Stammpersonals und Steigerung der Attraktivität der Berufsbilder in der Pflege zu bringen.

Peer Köpf, Stv.Geschäftsführer Dezernat I – Personalwesen und Krankenhausorganisation, Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V.

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