Eckpunkte zur Krankenhausreform lassen Finanzierungsfragen ungeklärt

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist vollbracht! Trotz zahlreicher Unkenrufe eines Scheiterns haben sich Bund und Länder nun auf Eckpunkte einer Krankenhausreform geeinigt. Dabei sah es zuletzt tatsächlich danach aus, dass ein Kompromiss nicht zustande kommen könnte. Noch zum Ende der vergangenen Woche hatten die Bundes- und Landesminister der Öffentlichkeit noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten eingestanden.

Die nach wohl intensivem Verhandeln über das Wochenende nun doch erzielte Einigung ist die Basis für die eigentliche Reformarbeit. Der Bund und eine Gruppe von Ländern werden über die parlamentarische Sommerpause einen Gesetzesentwurf dazu erarbeiten. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe! Denn zahlreiche inhaltliche Fragen scheinen noch ziemlich offen, etwa die Ausgestaltung der Leistungsgruppen. Diese gelten als zentrales Element der Reform, ohne deren genaue Definition Folgefragen der Vorhaltevergütung oder der Rolle der sektorenübergreifenden Versorger („Level-Ii-Krankenhäuser“) nicht verlässlich gelöst werden könnten.

Der besonders kritische Streit zwischen Bund und Ländern über Einteilung in Level und einer Transparenzinitiative zur Qualität der Kliniken wurde umschifft. Im Eckpunktepapier gibt es dazu schlichtweg keine Einigung. Die Themenfelder wurden ausgegliedert und werden vom Bundesgesundheitsminister in einem eigenen Gesetz – dann wohl ohne Beteiligung der Länder – in naher Zukunft separat geregelt.

Auch die dringend erwartete Einigung zu den Finanz-Bedarfen der Reform wurde nicht erreicht: Es wird zwar konstatiert, dass die „finanzielle Ausstattung durch Bund und Länder für den Transformationsprozess“ zwingende Voraussetzung für die Reform ist. Ebenso wird die Finanzierung der „strukturverbessernden Maßnahmen, die sich unmittelbar aus der Umsetzung der Krankenhausreform ergeben“, angesprochen. Es ist jedoch völlig unklar, mit welchen Mitteln die immensen Finanzierungsbedarfe der Reformumsetzung gedeckt werden sollen. Damit steht zu befürchten, dass Krankenhäuser im Zuständigkeits-Ping-Pong zwischen Bund und Ländern aufgerieben werden.

Sofern die Kliniken es überhaupt bis zum geplanten Wirksamwerden der Finanzierungsreform im Jahr 2027 schaffen. Die Inflationslasten und Tarifkostensteigerungen sind immens. Berechnungen zu Folge häuft sich bis zum Jahresende ein riesiges Milliarden-Euro-Defizit bei den Krankenhäusern auf, welches sich im nächsten Jahr tendenziell noch verschlimmert. Die Inflationshilfen des Bundes reichen bei weitem nicht aus, die Lücke zu schließen. Und das von den Ländern mit einem 16:0-Beschluss geforderte Vorschaltgesetz? Abgeschmettert! Zwar enthält das Eckpunkte-Papier das Feigenblatt einer „Prüfungszusage“ (im politischen Sprech die unverbindlichste Art einer Ankündigung). Diese wurde auf der Pressekonferenz durch den Bundesgesundheitsminister jedoch sofort vollständig entwertet. „Man dürfe sich da keine Hoffnungen machen“, so der Bundesminister persönlich.  Der Funktionsträger, der nach Gesetz eigentlich zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser verpflichtet ist, geht damit offen auf Distanz zu seiner Pflichtaufgabe. Die erkennbare Haltung, Insolvenzen der Träger in großem Stil billigend in Kauf zu nehmen, ist inakzeptabel.

Krankenhäuser, ihre Beschäftigten und Patienten werden – bei allem Interesse an einer klugen Weiterentwicklung der stationären Versorgung in einem geordneten Reformprozess - ein vorheriges, zufälliges Kliniksterben nicht hinnehmen. Sie werden auch nicht akzeptieren, dass Bund und Länder sich gegenseitig die Verantwortung zuweisen und am Ende die Kliniken ohne Hilfe bleiben. Es braut sich was zusammen. So könnte sich am Ende eines heißen Sommers ein heftiges Gewitter entladen. Schwierig für den, der dann keinen Schutzschirm vorweisen kann.

Freundliche Grüße

Marc Schreiner

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