Der Doppelwumms bringt weitere Fragen mit sich

Gut gemeint – gut gemacht?

Sehr geehrte Damen und Herren,

„70.000 Mal appelliert – gar nichts ist passiert. Weiter Druck entfacht – und es hat Doppelwumms gemacht!“. Mit dieser dann doch sehr freien Interpretation eines bekannten Liedes lässt sich ganz anschaulich beschreiben, dass der Bundesgesundheitsminister dem enormen Drängen aller Verantwortlichen für die Krankenhausversorgung letztlich doch noch nachgegeben und Hilfe in Aussichtgestellt hat. Acht Milliarden Euro (!) sollen aus dem Doppelwumms-Paket der Bundesregierung für Krankenhäuser und Einrichtungen der stationären Pflege zur Abfederung der stark steigenden Energiekosten gegeben werden. Sehr viele hatten sich in den vergangenen Wochen für schnellen Schutz für Kliniken vor Inflation bei Sachkosten und Energiepreissteigerungen eingesetzt – perspektivlos. Ihnen allen verlangt die neuerliche Kenntnis dieser Ankündigung des Bundesgesundheitsministers nun fast reflexartig ein ehrliches „Danke“ und „damit hätte ich nicht mehr gerechnet“ ab.

Doch nach dem Danke-Reflex kommen die Fragezeichen: Wie lange wird es dauern, bis Kliniken wissen, wie und wieviel Geld sie aus der Ankündigung erreicht? Mit welchem Bürokratieaufwand muss die Leistung aus dem Härtefonds beantragt werden? Sind damit auch Kostensteigerungen bei Sachmitteln erfasst? Welchen Betrag können Kliniken bei der aktuellen Aufstellung ihrer Wirtschaftspläne berücksichtigen? So viele drängende Fragen, für deren Beantwortung es nun eine schnelle Antwort braucht. Nicht wenige Krankenhausverantwortliche haben die Hoffnung, dass der Bundesgesundheitsminister die Dringlichkeit erkennt und unmittelbar reagiert.

Und – oh Wunder! – einige Krankenhausvertreter können die Nachhaltigkeit dieser am Ende umfangreichen Hilfsankündigungen nicht sicher einschätzen: Wäre es nicht besser, wenn der Bundesgesundheitsminister parallel zu dieser Acht-Milliarden-Euro-Krisenhilfe strukturell hilft – also die Inflationsrate von zurzeit etwa 10 Prozent basiswirksam in den Landesbasisfallwert 2022 einbezieht, damit diese klaffende Lücke die Krankenhäuser nicht auch nächstes Jahr wieder zu Bittstellern macht. Wäre es nicht besser, wenn beispielsweise mindestens der volle Orientierungswert für die Preisverhandlungen herangezogen werden kann und nicht nur die Dritteldifferenz zur Veränderungsrate? Wäre es nicht besser, die geplante Streichung des § 10 Absatz 4 Satz 3 Krankenhausentgeltgesetz zu kassieren? Bei den sich abzeichnenden Leistungsmengenreduzierungen dürfen Krankenhäuser die Erwartung haben, auch damit über die gesetzliche Veränderungsobergrenze zu kommen. Das war jahrelang schließlich umgekehrt bei Leistungszuwachs mit einer Absenkung des Landesbasisfallwerts selbstverständlich. Und schließlich ist auch die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geplante Normierung des Fallpauschalen-Katalogs um 400 Millionen Euro eine Maßnahme, die der in Aussicht gestellten Krisenhilfe diametral entgegenarbeitet.

So entsteht der Eindruck, dass der Minister gleich wieder nimmt, was er auf der anderen Seite ankündigt. Krankenhäuser geraten ohne strukturelle Hilfe in die unglückliche Situation, bald wieder um Unterstützung bitten zu müssen. Das ist weder nachhaltig, noch ist das den Beschäftigten in den Kliniken zuzumuten. Der Bundesgesundheitsminister, aber auch die Bundesländer, werden die gemachten Ankündigungen nun in strukturellen Hilfsangeboten für Krankenhäuser konkretisieren müssen.

Freundliche Grüße

Marc Schreiner

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