Ein nachhaltiges Engagement für mehr und bessere Pflege bei der Berliner Politik und (Selbst-)Verwaltung ist nicht wirklich erkennbar.

Zahl der Auszubildenden in der Pflege steigt

Es erfreut und macht Mut, dass die Zahl der Auszubildenden in der Pflege jüngsten Erhebungen zu Folge wieder ansteigt. Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Berlin berichten von einer wachsenden Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern. Teilweise kann das Interesse an den Auszubildenden-Stellen gerade noch mit Stellenangeboten abgedeckt werden. Für die Einrichtungen, die sich mit ihren innovativen und herzlichen Kampagnen so professionell um Nachwuchs bemühen, sind das verdiente Früchte ihres teils langen und aufwändigen Engagements für mehr und bessere Ausbildung. Mit der Kampagne #PflegeJetztBerlin und den vielfältigen Angeboten der Träger arbeiten die Verantwortlichen in Kliniken und Pflegeeinrichtungen an der Verstärkung dieses Trends. Gut so!

Fehlende Investitionen und explodierende Preissteigerungen

Sorge bereitet allerdings, dass ein ernstgemeintes und nachhaltiges Engagement für mehr und bessere Pflege bei der Berliner Politik und (Selbst-)Verwaltung zurzeit nicht wirklich erkennbar ist. So werden zwar die für Gesundheit und Pflege zuständigen Fachpolitiker/-innen der Koalition im Abgeordnetenhaus (die der Opposition erst recht) beispielsweise bei den Haushaltsberatungen nicht müde, den völlig unzureichenden Vorschlag des Senats von gerade einmal 150 Millionen Euro an Krankenhausinvestitionen scharf zu kritisieren. Nur: Eine Wende bei dem geplanten Kaputtsparen ist bislang in den Beratungen nicht zuerkennen. Offensichtlich scheinen die Entscheider/-innen in der Koalition dem Vortrag ihrer eigenen Fachkolleg/-innen nicht zu glauben, dass es für die Modernisierung der medizinischen Infrastruktur und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen die, in ihrer Höhe als berechtigt, nachgewiesenen 350 Millionen Euro pro Jahr benötigt. Dabei hatten das doch auch rund 1.000 Beschäftigte der Berliner Krankenhäuser mit einer „irre-lauten“ Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus mit dem Ruf „Klinikoffensive JETZT“ so deutlich gemacht. (Mehr Informationen: Youtube-Kanal der BKG, www.klinikoffensive.de)

Fehlende Investitionen sind bereits Gift für die – auch im Berliner Koalitionsvertrag angekündigte – Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Stärkung der Pflege. Mit den zurzeit explodierenden Kosten in Folge auch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, geraten insbesondere Krankenhäuser unter weiteren Druck. Als Endverbraucher vieler Produkte und Dienstleistungen haben sie keine Gelegenheit, die Preissteigerungen an die Patienten/-innen weiterzugeben. Politik auf Landes- und auf Bundesebene muss jetzt dringend handeln: ein Rechnungszuschlag muss gegeben werden, damit sich die Bedingungen für gute Versorgung nicht weiter verschärfen und „kalte Strukturbereinigung“ vermieden werden kann. Auch hier muss die Berliner Politik ihre Unterstützung noch geben.

Schleppende Verhandlungen der Pflegebudgets

Auch durch das nur sehr schleppend vorankommende Verhandeln der Pflegebudgets mit den Krankenkassen fehlen den Krankenhäusern enorme Mittel. Berechnungen zu Folge sind die Kliniken bundesweit seit der Einführung des „Pflegepersonalstärkungsgesetzes“ mit rund 7 Milliarden Euro (!) in Vorleistung für die Pflege am Bett getreten. Es wird Zeit, dass die Krankenkassen die Aufschiebepolitik beenden und die Heilsversprechen der Ausgliederung der Pflegekosten „Jede Pflegekraft am Bett wird nach Tarif bezahlt“ endlich einlösen.

Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – auch die Berliner Krankenhausgesellschaft mit der Kampagne #PflegeJetztBerlin – absolvieren große Kraftanstrengungen, um Pflege in der Stadt zu stärken. Die wachsenden Ausbildungszahlen bescheinigen Erfolg und lassen hoffen, dass eine Trendwende eingeleitet werden konnte.

Politik und (Selbst-)Verwaltung stehen in der Verantwortung diesen Erfolg zu begleiten und auszubauen, nicht zu verhindern oder zu erschweren!

Welchen Weg sie einschlagen, werden die kommenden Wochen und Monate nun zeigen.

Freundliche Grüße

Marc Schreiner

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